welcome
Carolina Camilla Kreusch
2025
öffentlich zugänglich
Kinderhort Kreuzerweg 28, 81825 München
Tricoya Extreme MDF, KFZ-Lack, hochglanzlackiert, Objekt 1: 92 x 108 x 12 cm, Objekt 2: 161 x 144 x 7 cm, Objekt 3: 98 x 98 x 12 cm, Objekt 4: 75 x 90 x 17 cm, Objekt 5: 99 x 108 x 17 cm
Architektur: Baumschlager Hutter Partners
Landschaftsarchitektur: Roos Landschaftsarchitektur, München
Fotos: Florian Holzherr
Text: Johannes Muggenthaler
Das Haus wendet sich mit vielen Fenstern dem geschützten Garten und dem Spielplatz zu. Man betritt den Kinderhort von der Straßenseite her. Diese Seite des Gebäudes ist fensterlos, die rotbraun gestrichene Holzfassade ist zu größeren Teilen mit Rankpflanzen begrünt. Die Kinder als mehrheitliche Nutzende des Horts sehen beim Näherkommen ein Gebäude, das sich durch Frische von der Umgebung der Mehrfamilienhäuser abhebt, ohne dabei unangenehm markant zu sein. Es ist die schlichtere Rückseite des Gebäudes.
Auch um den Eingang schon aus einiger Entfernung noch sichtbarer zu machen, um ein freundliches Willkommen zu schaffen, hat Carolina Kreusch dort eine künstlerische Arbeit platziert, die sie sinnigerweise „welcome“ nennt. Eine Funktion von Kunst am Bau ist es, Gebäude zu personalisieren, sie noch ein Stück unverwechselbarer und einzigartiger zu machen. Die Zugehörigkeit der Menschen zu einem Gebäude wird im Eingangsbereich festgestellt, man sucht den Schlüssel oder wird durch eine geöffnete Tür eingelassen. Es soll eine angenehme Zugehörigkeit sein, das ist ein sehr wichtiges, elementares Gefühl. Das Öffnen der Tür bedeutet für die Kinder den Zutritt zu einer Welt, in der sie sich aufgehoben und gut betreut fühlen wollen.
Die farbigen Arbeiten der Künstlerin haben alle Qualitäten, den Eintritt in eine geborgene Welt angenehm zu gestalten. Farben schaffen Zugehörigkeit, sind in der Lage zu personalisieren. Vermutlich kann der Farbsinn von Menschen nur bedingt mit dem Farbsinn von Bienen verglichen werden. Bekanntlich ist es aber so, dass Bienen den Eingang zu ihren Kästen an den aufgebrachten Farben erkennen. Auch sie wollen sich zu etwas zugehörig fühlen, weil sie allein nur schlecht existieren können. Bei Menschen ist die Sache möglicherweise subtiler und wie immer komplizierter. Eingangssituationen sind bei Gebäuden häufig eine traurige Angelegenheit, der Eintritt in eine erhofft bessere Welt wird einem nicht einfach gemacht. Man möchte die Sache schnell hinter sich bringen. Den Kopf zu heben und etwas Schönes zu sehen, wie selten können wir uns dieser Hoffnung hingeben.
Die Farbflächen von Carolina Kreusch sind wie freundlich gesinnte Ufos auf der Fassade des Gebäudes gelandet, wie von Zauberhand an den richtigen Stellen. Bei den Holzobjekten handelt es sich um fünf verschiedene Polyeder. Ein Vieleck dient jeweils als Grundfläche, die Körperhaftigkeit entsteht durch perspektivische Verschiebung dieser Flächen. Vor- oder zurückspringend angeordnet bewirken sie eine dreidimensionale Optik. Diese attraktiven Flugobjekte scheinen aber in Versuchung zu sein, es sich noch einmal anders zu überlegen. Man träumt davon, sie könnten wie Schmetterlinge kurz auffliegen, um sich dann wieder an anderen, ebenso stimmigen Plätzen niederzulassen. Es ist die scheinbare Leichtigkeit der richtigen Setzung, die uns das trügerisch glauben macht. Die Arbeiten sind heiter, doch auch elegant. Sie wirken wie große Blüten, und im Zauberland wären sie einfach aus der begrünten Fassade gewachsen. Sie haben die Attraktion des Flüchtigen, sind dabei aber beständig – Allwetterblumen. Die Kinder sehen sie zu allen Jahreszeiten, wenn sie auf das Gebäude zugehen, bei Sonne, beim Flug der Blätter oder im Schneetreiben. Die Arbeiten sind geeignet, von den Kindern des Horts ebenso wie von den dort arbeitenden Erwachsenen geliebt zu werden. Im besten Fall schaffen sie Zugehörigkeit und Zuversicht an guten Tagen, Trost an problematischen Tagen.
Kontext
Das QUIVID-Kunstwerk „welcome“ von Carolina Kreusch entstand für den Neubau des Kinderhorts am Kreuzerweg 28 im Stadtbezirk 15, Trudering-Riem. Die Künstlerin wurde aus einer von der Kommission für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum erstellten Vorschlagsliste ausgewählt und eingeladen, ein ortsspezifisches Kunstwerk für den Neubau zu entwickeln. Der dreigruppige Hort wurde in vorgefertigter Holzrahmenbauweise errichtet; die innere Struktur spiegelt sich in der gegliederten rötlichen Holzfassade wider. Kreuschs künstlerische Fassadengestaltung versteht sich als skulpturale Erweiterung der Architektur von Baumschlager Hutter Partners – ein Kinderhort, der in seiner Anmutung einer Holzschatulle gleicht. Fünf farbige Holzobjekte in Polyederform haften sich an die Außenhaut dieser Schatulle, akzentuieren den Eingangsbereich und laden zum Eintreten und Verweilen ein.