Versunkenes Dorf

Timm Ulrichs

2006

öffentlich zugänglich

Am Fröttmaninger Berg im Stadtteil Freimann

Beton, Kalkzementputz, Silikatfarbe

Architektur: In Zusammenarbeit mit Maier Neuberger Partner

Fotos: Wilfried Petzi

Text: Michael Stoeber

Versunkenes Dorf
Versunkenes Dorf
Versunkenes Dorf
Versunkenes Dorf

Timm Ulrichs’ Kunstwerk „Versunkenes Dorf“ operiert mit dem Motiv des Doppelgängers. Mit ihm gelingt es dem Künstler in hervorragender Weise, auf die Spezifik des Ortes seiner Aufstellung zu verweisen. Im Maßstab 1:1 entstand ein augentäuschendes Duplikat der benachbarten Heilig-Kreuz-Kirche, einer kleinen Dorfkirche aus dem Mittelalter. Der Zwilling erleidet, was auch dem Original hätte geschehen können: Er ist zu großen Teilen von dem inzwischen begrünten Müllberg verschüttet.

Das Werk von Timm Ulrichs reflektiert einfühlsam die Geschichte der baulichen Veränderungen im Münchner Norden. Diese setzten Mitte des letzten Jahrhunderts ein. Lange bevor hier die weltbekannte Allianz-Arena der Architekten Herzog & de Meuron zur Touristenattraktion wurde, ist gleich daneben – an der Stelle des alten Dorfes Fröttmaning (erstmalige Erwähnung im Jahre 815) – in den fünfziger Jahren eine Mülldeponie errichtet worden. Dem Projekt fiel damals das Dorf mit seinen Bauernhöfen zum Opfer. Sie wurden abgerissen. Allein die Kirche konnte gerettet werden. Bei ihrer Renovierung im Jahre 1980 entdeckte man wertvolle Wandmalereien aus der Entstehungszeit.

Mit seiner Architekturskulptur „Versunkenes Dorf“ – der Titel zitiert das gleichnamige Gedicht von Friedrich Rückert aus dem Jahre 1813 – inszeniert Timm Ulrichs ein Untergangspanorama. Der Künstler sieht sein Werk als Verlustanzeige und surreal-melancholisches Stimmungsbild. Mit dem untergehenden Doppelgänger hat er aber auch ein großartiges Menetekel von eindringlicher Präsenz geschaffen, das ebenso spielerisch wie poetisch die Kosten des Fortschritts beschwört.

Versunkenes Dorf
Versunkenes Dorf
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