Shifting Horizons

Stefanie Zoche

1999

abgebaut

Parzivalstraße 16, 80804 München

kinetische Skulptur mit Solarantrieb, musste aus technischen Gründen abgebaut werden

kinetische Skulptur mit Solarantrieb, Edelstahlkonstruktion, Fototransferdruck, Höhe 600 cm, Fotos von Sabine Haubitz, technische Konstruktion von Georg Zoche

Fotos: Georg Kürzinger

Text: Birgit Sonna

Shifting Horizons

Fotografische Motive von Sabine Haubitz, technische Konstruktion von Georg Zoche.

Schwer zu sagen, ob es sich bei dem langsam mit seinen beweglich aufgehängten Lamellen drehende Rad um ein Himmels-, Wasser-, oder Sonnenrad handelt. Gerade auch die kleinen Patienten des Schwabinger Krankenhaus kommen über die hybride Gestalt und den doppelbödigen Imaginationsradius von Stefanie Zoches „Shifting Horizons“ gerne ins Rätseln.

Zwar zeigt der rotierende Edelstahlring auf seinen fotografisch bebilderten Schaufeln einerseits das tiefe Blau des Meeres an, aber auf der Demarkationslinie des Horizonts gerät das segmentierte Wasserpanorama unversehens ins Kippen und geht mit Aufnahmen eines Schäfchenwolkenhimmels in den Luftbereich über. Von seiner Antriebsquelle her müsste man wiederum für ein Sonnenrad plädieren, schließlich wird die kinetische Skulptur allein durch Solarenergie meditativ in gemächlicher Bewegung gehalten wird.

Stefanie Zoche ist der Kunstgriff geglückt, mit elementaren Mitteln eine metaphorische Assoziationskette über den Kreislauf der Natur immer wieder aufs Neue für die Besucher der Kinderklinik anzuregen. Via einem 360 Grad Kamera-Rundblick, der von der Lufthoheit des Himmels sogar bis unter die Meeresoberfläche führt, gibt sie einen zergliederten Kosmos in Modellform vor.

Man kann in dem von natürlicher Energie gespeisten Rotationskreislauf auch eine Analogie zum Rekonvaleszenzgedanken des Krankenhausbetriebs sehen. Das Auf und Ab des menschlichen Kräftehaushalts wurde schon im Mittelalter durch das sogenannte Schicksalsrad symbolisiert. Nicht von ungefähr findet sich in den fünf Streben des Rads abstrahiert die menschliche Gliederfigur eingeschrieben, wie sie vormals auch Leonardo da Vinci in einen kosmisch runden Gesamtorganismus der Elementenlehre grafisch eingebettet hat. Der Mensch wird in „Shifting Horizons“ zum unsichtbar individuellen Angelpunkt eines zum urbanen Raum hin zwar offenen, doch in sich schlüssigen Kräfteverhältnisses zwischen Natur und Artefakt.

Birgit Sonna

Shifting Horizons