2024
öffentlich zugänglich
AWO's Fredl Jugendfreizeitstätte, Bodenseestraße 186, 81243 München
44-teilige Installation, Edelstahl elektropoliert & gekantet, 19,8 x 2,6 m
Architektur: MHH-Architekten, München
Landschaftsarchitektur: Wolfgang Niemeyer Landschaftsarchitektur, München
Fotos: Florian Holzherr
Text: Dr. Christa Häusler
Wie ein schimmerndes, vielgliedriges Band scheinen die hochreflektierenden Metallstelen die Fassade des Neubaus der Jugendfreizeitstätte AWO’s Fredl entlangzugleiten. Valerie Kiock und Zeno Dietrich haben die Installation „Reflexe“ für die Süd- und Ostseite des Gebäudes an der Bodenseestraße konzipiert. Der Neubau markiert den Beginn des weitläufigen öffentlichen und stadtteilübergreifenden Grünareals, das sich über eine parallel zum Gebäude verlaufende Promenade erschließt. Der L-förmige Grundriss des flachen Baukörpers mit nach zwei Seiten offenem, überdachtem Eingangsbereich und einer transparenten Türöffnung gibt eine direkte Sichtachse in den innenliegenden privaten Gartenbereich frei. Valerie Kiock und Zeno Dietrich griffen diesen Aspekt der Transparenz auf und stellen ihm das Phänomen der Reflexion gegenüber.
Die serielle Anordnung der exakt fünfzehn Zentimeter breiten, raumhohen Elemente steht in Kontrast zu den vielfach gebrochenen Formen, welche die Lichtreflexionen auf dem spiegelnden Metall erzeugen. Die Situation des Umfelds, Fahrzeuge, Wolken und Bäume bilden ein sich beständig wandelndes Bild, das die klar strukturierte Wand aus terrakottafarbenen Klinkerziegeln rhythmisch durchbricht, ja scheinbar auflöst. „Das Fredl ist eine Wirkstätte“, meint Valerie Kiock, „so soll auch die Kunst am Bau etwas bewirken“. Und das gelingt: die Einbindung des Tageslichts erzeugt die von den Künstler:innen gesuchten Reflexionen, die den Passant:innen und den jungen Besucher:innen des Fredl auf den ersten Blick als Illusion erscheinen mögen. Sind die Stelen mit figürlichen Motiven bearbeitet? Sind es Öffnungen oder Fenster, die den Durchblick hinter die Fassade erlauben?
Innen- und Außenraum scheinen sich zu durchdringen und erst beim zweiten Blick nimmt man die Materialität der Stelen wahr, auch das eigene Spiegelbild, das jede Bewegung begleitet. Das Spiel von Transparenz und Reflexion irritiert und überrascht, denn auch die Passant:innen werden zu Akteur:innen und bestimmen das Motiv des flüchtigen Bildes mit. Das Fredl ist ein Ort der Begegnung, Kinder und Jugendliche treffen sich hier zum Sport, zum Lernen, zum gemeinsamen Spiel. Sie alle betreten das Gebäude durch die doppelflügelige Glastüre – und sie ist auch das Zentrum, von dem aus die Künstler:innen die Reihung der Stahlelemente bestimmten. Der Rhythmus ihrer Abstände ist inspiriert von den kreisförmigen Wellen, die ein Steinwurf im Wasser bildet, hier jedoch ohne einem zu starren Schema zu folgen. Das führt zu unerwarteten Perspektiven für die Betrachtenden und definiert Raum und Umraum immer wieder neu.
Die vielfältigen Aspekte dieses Werks, sein selbstbewusster Dialog mit der Architektur und die spielerische Öffnung zu Umgebung und Außenraum sind inspirierend, ja heiter. „Reflexe“ ist eine Einladung zu Begegnung und Austausch, für die Nutzer:innen des Fredl, aber auch für die Anwohnenden und Passant:innen auf dem Weg ins Grüne.
Kontext
Das Kunst-am-Bau-Projekt des Duos Valerie Kiock und Zeno Dietrich entstand für den Neubau der Jugendfreizeitstätte AWO’s Fredl im 22. Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied. Die Künstler:innen wurden 2020 im Rahmen eines QUIVID-Wettbewerbs eingeladen, einen Entwurf speziell für den zweigeschossigen, L-förmigen Baukörper an der Bodenseestraße zu entwickeln. Ihr Konzept „REFLEXE“ wurde von der Kommission für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum ausgewählt.