Oskar Maria Graf-Denkmal

Jenny Holzer

1997

öffentlich zugänglich

Literaturhaus München, Salvatorplatz 1, 80333 München

mehrteilige Installation (Zitate auf Granittischen, Geschirr, Sitzbänken aus Leder und Leuchtschrift)

Fotos: Peter Schinzler

Text: Verena Nolte

Oskar Maria Graf-Denkmal
Oskar Maria Graf-Denkmal
Oskar Maria Graf-Denkmal
Oskar Maria Graf-Denkmal

»Die Künstlerin und der Dichter« könnte dieses Aufeinandertreffen zweier scheinbar Entgegengesetzter überschrieben sein. Tatsächlich hätten sie sich in New York oder in der amerikanischen Provinz zu Lebzeiten Grafs begegnen können. Sie wäre ein junges eigensinniges Mädchen gewesen, das sich für Kunst interessierte, er ein alternder Mann, von über dreißigjährigem Exil gezeichnet, ein besessener Schriftsteller jedoch bis zuletzt.

Zehn Jahre nach Grafs Tod in New York City waren Jenny Holzers „Truisms“ (Binsenwahrheiten) als Leuchtschrift über dem Times Square zu lesen. Sätze, die neue unbequeme Gemeinplätze benannten. Oskar Maria Graf, der mit schonungsloser Offenheit über sich, seine Schwächen und die Schwächen der Menschen geschrieben hatte, wären sie nicht unangenehm gewesen. Jenny Holzer hat das, als sie ein Denkmal für diesen Schriftsteller entwarf, gewusst. Die radikale Menschlichkeit seiner Figuren ließ sie über eine Form nachdenken, die der Vorstellung »Denkmal« entgegenstand. Sie unterließ es, den Dichter mit ihren Worten zu kommentieren, lieh hingegen seiner Prosa, die sie sorgfältig auswählte, ihre Form.

Der Besucher:innen des Kaffeehauses im Literaturhaus München lebt so – bewusst oder unbewusst – mit Sätzen aus Grafs Werk. In den Lederrücken der Sitzbänke, am Grund der Tassen und Teller, auf den Papiersets und den Bierdeckeln sind sie präsent. Erzählungen Grafs fließen durch ein vertikales Laufschriftband aus Leuchtdioden über der Bar des Kaffeehauses. Nicht wirklich lesbar, evozieren sie den Lauf des Erzählens, das Buch, das nicht ersetzt, an das vielmehr erinnert werden soll. Auf der Terrasse stellte die Künstlerin aus Herrnholzer Granit zwei parallele Tische mit jeweils zwei Bänken auf, gleich den bairischen Biergartentischen aus Holz. In die Tischplatten eingemeißelt Sätze des aufmüpfigen, anarchistischen, immer den Menschen und seinem Herkunftsdorf am Starnberger See verbundenen Schriftstellers Oskar Maria Graf.

Oskar Maria Graf-Denkmal
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