1998

auf Anfrage zugänglich

Rudolf-Diesel-Realschule, Schulstr. 3, 80634 München

Wandgestaltung in der Sporthalle und im Treppenhaus

Architektur: Peter und Eva Panitz

Fotos: Wilfried Petzi

Text: Heinz Schütz

Grosse Pause
Grosse Pause
Grosse Pause
Grosse Pause

Die Wandarbeit „Große Pause“ wurde für den Neubau einer Sporthalle der Rudolf-Diesel-Realschule entworfen. Die Arbeit erstreckt sich auf der Rückwand des Treppenhauses über drei Stockwerke, sie reicht vom Unter- bis zum Dachgeschoss, und setzt sich in der Sporthalle über die gesamte Breite einer Längswand fort. Ostrowski und Schmidt antworten dabei nicht nur auf die architektonischen Vorgaben, sondern auch auf die sozial-situativen Bedingungen des Ortes.

Der Ort
Der Titel „Große Pause“ weist auf ein Heraustreten aus dem Unterricht in eine weniger regulierte Zone. Zumindest partiell kommt einer Sporthalle im Rahmen der Schule eine Art „Pausenfunktion“ zu, nicht zuletzt wird hier ein Nicht-Vorrückfach praktiziert. Auf andere Weise fungiert das Treppenhaus als eine Art Freiraum, den die Schüler, für kurze Zeit sich selbst überlassen, außerhalb der Unterrichtsstunden betreten. Das Treppenhaus, das im Rhythmus der Schulstunden kollektiv belebt wird, ist ein Ort der Passage und ein Ort der beiläufigen Kommunikation. „Große Pause“ reflektiert den besonderen Status des Treppenhauses und der Sporthalle und: Die Wandarbeit steigert die hier latent angelegte „Deregulierung“ ins Spielerische und Absurde.

Die Sätze und die Diagramme
„Große Pause“ besteht aus zwei Elementen: Sätze und Diagramme. Die Sätze stammen aus Douglas Couplands´ Kultroman „Generation X“. Die Diagramme sind aus einem Lehrbuch für Basketball abgeleitet – mit durchgezogenen, geschlängelten und gestrichelten Pfeilen werden dort Spielzüge illustriert. Die an die Wand geschriebenen Worte wirken wie durch eine sachliche Typografie gebändigte Graffiti. Stereotype Kurzsätze, expressiv anmutende Linienbewegung, das Nebeneinander von Wort und (Diagramm)Zeichnung lassen an ein sublimes Comic denken.

Im Treppenhaus erzeugen die in verschiedene Richtungen weisenden, aneinander vorbeiführenden und sich begegnenden Linien ein kommunikatives Kraftfeld, dessen Richtung sich nicht festlegen lässt. Dem Linienfeld korrespondieren die an die Wand geschriebenen Sätze. Sie stehen unvermittelt nebeneinander wie die Gesprächsfetzen einer Gruppe, die das Treppenhaus passiert. Sie ergeben für sich gelesen keinen eindeutigen Sinn. Einer klar definierbaren Sprechsituation enthoben, erweisen sie sich als emotionsgeladene, aber offene Sprachmuster, die erst in ihrer Verwendung im Gespräch bedeutungsvoll werden. Losgelöst von Gesprächssituationen funktionieren die sprachlichen Versatzstücke als „leere Gefäße“, in die der Passant seine eigenen Emotionen „gießen“ kann. Je nachdem, in welchem emotionalen Zustand er sich befindet, lassen sie sich auf seine eigene Situation anwenden. Etwa: „Du solltest dich wirklich fragen, warum wir uns die Mühe machen, morgens aufzustehen.“

Während im Treppenhaus die Diagramme und Sätze dominieren, treten in der Sporthalle die Worte zurück: Neben den schwarzen Pfeil-Linien leuchten hier orangefarbene Punkte. Die schwarzgraue Zurückhaltung wurde am Ort des Körpereinsatzes aufgegeben zugunsten eines aktivierenden Oranges. Die Punkte erscheinen als Bälle. Im Gegensatz zum Treppenhaus weisen die Diagramme hier deutlicher auf ihre Herkunft: das Basketballlehrbuch.

Nur: Die Linien und Punkte haben die Regeln und Strategien, die sie illustrieren sollten, durchbrochen, sie haben sich verselbständigt und entfesselt. Sie folgen keiner definierbaren Spielregel mehr, sondern sie bewegen sich gleichsam choreographisch frei. Von links nach rechts gelesen endet die Wandarbeit mit dem als Kreis geschriebenen Satz: „Und am Ende hatte ich das Gefühl, dass meine verzweifelte Lage doch nicht ganz aussichtslos war.“

Grosse Pause
Grosse Pause
Grosse Pause
Grosse Pause