Farbe für die Grundschule
Scarlet Berner
2003
auf Anfrage zugänglich
Agilolfingerplatz 1, 81543 München
durchgängiges Farbkonzept; Wände, Säulen, Laibungen, Türen in Treppenhaus und Fluren
Fotos: Scarlet Berner
Text: Birgit Sonna
Es war nicht von ungefähr die Zeit der reformpädagogischen Heilserwartungen. Als Architekt Hans Grässel sein 1906/7 errichtetes Schulhausgebäude am Agilofingerplatz im Inneren farbig fasste, hatte auch er eine allgemeine Steigerung des schulischen Wohlbefindens im Sinn: harmonische Farbenklänge sämtlicher Anstriche sollen die Schulen heiter und freundlich gestalten, lautete sein Vorsatz. Von der ursprünglichen, teils mit floralen Ornamenten durchsetzten Bemalung hat sich bis auf Fragmente im Keller nichts erhalten. Scarlet Berner ging es bei ihrem Konzept einer neuen Farbgestaltung für die Grundschule darum, der von Grässel abgeleiteten Farbphilosophie eine möglichst zeitgemäße Prägung zu verleihen. Entsprechend der Forderung des Wettbewerbs gelang ihr das Kunststück, den autoritär und düster anmutenden Tenor aus der Grundschule vertreiben.
Dabei orchestrierte Scarlet Berner ihre pudrig-matten Farben in den verschiedenen Stockwerken so, dass bei aller Variationsvielfalt bestimmte Farbpaare, von dem Grundton Rot-Orange an Fußleisten und Türrahmen gerahmt, jeweils zweifach im Gebäude auftauchen. So kombinierte sie im Anstrich der Türen und der breiten Farbbänder des Sockelbereichs sechs verschiedene Grün-, Blau- und Gelbtöne gemäß ihrer Licht-Schatten-Kontraste raffiniert miteinander. In jedem Geschoss herrscht ein anderer signalhafter Ton im Sockelband der Farbtrilogie vor. Lediglich die Treppenhäuser sind ausschließlich in Rot-Orange gehalten.
So ergibt sich ein lichtes Farbleitsystem durch das vormals unübersichtliche Schulgebäude mit seinen zahlreichen Fluchten und Gängen. Scarlet Berner belebt die strengen Architekturrhythmen mit konkreter Flächenfarbigkeit. Die frappanten Farbakkorde in den Gängen versetzen in immer anders temperierte Stimmungen.
Birgit Sonna