Schüttlöcher (Rockefellerstraße)
Angelika Loderer
2024
auf Anfrage zugänglich
Grund- und Mittelschule an der Rockefellerstraße 11, 80937 München
Schüttloch 1 (Rockefellerstraße): Bronze, gebürstet, 150 l x 143 h x 120 t cm / Schüttloch 2 (Rockefellerstraße): Bronze, gebürstet, 228 l x 100 h x 120 t cm / Schüttloch 3 (Rockefellerstraße): Bronze, gebürstet, 210 l x 130 h x 105 t cm
Architektur: Krug Grossmann Architekten, München
Landschaftsarchitektur: Hackl Hofmann Landschaftsarchitekten, Eichstätt
Fotos: Studio Olaf Becker & Ulrich Gebert
Text: Ursula Pokorny
Die österreichische Künstlerin Angelika Loderer hat als Kunst am Bau-Projekt drei neue Skulpturen für den Innenhof der Grund- und Mittelschule an der Rockefellerstraße entworfen. Die Skulpturen aus Bronze gehören der Serie „Schüttlöcher“ an und empfinden die Höhlengänge von nordamerikanischen Präriehunden nach. Sie thematisieren das Miteinander von Menschen und anderen Lebewesen, über und unter der Erde.
Für die „Schüttlöcher“ gießt die Künstlerin verlassene Höhlen von Tieren unter der Erde aus. Das Gussverfahren ist eine klassische Technik der Bildhauerei und findet zur Vervielfältigung von Objekten auch in der Industrie Anwendung. Loderer macht über den Guss die organischen Gebilde der Höhlengänge erfahrbar. Sie formt die hohlen Gänge mit Bronze nach und kehrt damit ihren physischen Zustand um, denn als Positivabdruck sind sie fest und starr. Die „Schüttlöcher“ stellen Fragmente einer Parallelwelt unter der Erde dar, die uns Menschen verborgen bleibt. Im Innenhof der Grund- und Mittelschule ragen diese unterirdischen Gänge jedoch kopfüber aus den Bauminseln und sind für die Schüler:innen fassbar.
Um das Verhalten der Präriehunde und ihre Bauten besser zu verstehen, steht Loderer in engem Austausch mit Biolog:innen. Die Tiere leben gemeinschaftlich in weit verzweigten Gängen tief unter der Erde, die über große Flächen ganze Städte bilden. Durch das Graben sind die Höhlengänge eng an ihre Körper angepasst und bilden Hüllen um sie, fast als wären sie ein Abdruck. Die Räume verweisen sowohl auf die An- als auch auf die Abwesenheit der Lebewesen. In Gussfragmenten wird dieser fragile Moment festgehalten.
Das Resultat des technischen Prozesses kann jedoch nicht vollends kontrolliert werden. Im Wechsel von Negativ zu Positiv gehen Details der Oberfläche verloren, insbesondere wenn es sich um ein raues, organisches Material wie Erde handelt. Jeder Guss der Schüttlöcher ist dadurch etwas anders und verlangt eine Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Objekt, dem Körper und seiner Umgebung, oft aus einer ungewöhnlichen Perspektive.
In einer Zeit, in der die von Menschen verursachte Klimakrise zu massiven gesellschaftlichen Konflikten führt, ist es notwendig, sich mit der eigenen Haltung der Erde gegenüber zu befassen. Unsere Vorstellungen und Erwartungen an die Nutzung des Bodens unterscheiden sich oft grundlegend. Je nachdem, ob wir die Erde aus einer ökologischen, ökonomischen, politischen oder kulturellen Perspektive betrachten, können sie sogar komplett konträr zueinanderstehen. Mit den „Schüttlöchern“ weist Loderer auf den Raum zwischen diesen Sichtweisen hin – dort, wo klar ist, dass es unser Handeln nicht isoliert voneinander, sondern im Austausch miteinander zu begreifen gilt.
Kontext
Die in Wien lebende Künstlerin Angelika Loderer wurde eingeladen, einen künstlerischen Entwurf im Rahmen eines Kunst am Bau-Wettbewerbs für den Ersatzneubau der 4-zügigen Grundschule und 5-zügigen Mittelschule mit Dreifachsporthalle in der Rockefellerstraße im 11. Stadtbezirk Milbertshofen-Am Hart zu entwickeln. Ihr Entwurf „Schüttlöcher“ wurde 2019 von der Kommission für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum zur Realisierung empfohlen. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme des Schulgebäudes erfolgte im September 2021. Die Fertigstellung der Dreifachsporthalle samt Freisportflächen erfolgte zum Jahresende 2023. Die Sporthalle wird seit Januar 2024 genutzt. Das Gesamtprojekt ist Bestandteil der Schulbauoffensive.